Predigt


Die Predigt zum Nachlesen

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

„Bitte fahren Sie geradeaus über den Kreisverkehr“ – eine Ansage des Navigationsgeräts, die, bildlich vorgestellt, durchaus komisch wirken kann – vielleicht kennen Sie den Cartoon dazu. Wir wissen natürlich, was das Navigationsgerät meint und fahren nicht geradeaus, sondern brav die Kurve des Kreisverkehrs aus. Es gibt auch noch andere Anweisungen dieser Geräte, die komisch sind; oder noch schlimmer: wo sie einen in die Irre führen.

Inzwischen sind die Geräte allerdings immer besser, leisten sich kaum noch Fehler in der Routenführung – auch die Ansagen werden immer klarer und unmissverständlicher. Und oft ist es gut, diese Geräte zu haben: Ich bin froh, dass sie mich immer wieder ans Ziel bringen, wenn ich in unbekannten Städten unterwegs bin. Denn da kenne ich die Wege nicht …

„Wir kennen den Weg nicht.“ So spricht es Thomas heute aus – wieder einmal Thomas. Während Jesus es voraussetzt, dass seine Jünger Bescheid wissen: „Wohin ich gehe, den Weg dorthin kennt ihr.“ Ja: Thomas fasst es für uns ins Wort; es ist gleichsam unsere Neugierde, die er da ausspricht: Wohin geht Jesus? Natürlich, in den Himmel – also wissen wir es doch. Nur: Wo ist denn der Himmel? Und wie ist denn der Weg dorthin?

Und ehrlich: Ganz so einfach tun wir uns nicht, wenn wir diese Fragen beantworten wollen. Im Gegenteil: Diese Fragen werden uns immer begleiten, ein ganzes Leben lang. Vielleicht auch in anderer Form:

Was ist denn Ziel meines Lebens – oder besser, was ist mein Ziel über dieses Leben hinaus?

Und wie finde ich meinen Weg? Hier durch dieses Leben – und dann auch darüber hinaus?

Liebe Schwestern und Brüder,
Thomas bekommt tatsächlich eine Antwort auf seine Fragen – und damit auch wir! Jesus geht zu seinem Vater, das heißt zu Gott. Und das soll auch unser Ziel sein. Leider wird unsere Frage damit nicht leichter: Denn was bedeutet es für mich: „Bei Gott sein“? Immerhin eines kann ich sicher sagen: Es ist kein Ziel, das in mir liegt, so etwas wie „innerer Friede und Zufriedenheit“, es ist kein subjektives Ziel, sondern es ist ein objektives Ziel: Es liegt außerhalb von mir – und damit kann dieses Ziel eines sein, das für alle Menschen gilt. Und zum zweiten: Das Ziel ist keine Sache, sondern eine Person – und damit auch nicht etwas abstrakt-Dingliches, sondern etwas persönliches. Und das, so finde ich, ist etwas, das für mich unheimlich wichtig geworden ist: Es geht nicht auf irgendetwas zu, sondern auf jemand.

Jesus gibt auch noch Antwort auf die zweite Frage: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, außer durch mich.“

Und auch dies ist wiederum eine Antwort, die eine bleibende Herausforderung ist: Wir müssen immer wieder auf ihn: auf Jesus Christus schauen, müssen immer wieder auf ihn hören, auf seine Frohe Botschaft, das Evangelium – und immer wieder die Begegnung mit ihm suchen, in der Feier des Gottesdienstes und der Sakramente.

Was will er uns heute sagen? Bedenken wir immer wieder im Gebet, wie Jesus uns vorangegangen ist. Stellen wir uns die Frage: „Was würde Jesus tun?“, und wählen unseren Weg entsprechend. Damit wir uns nicht verlaufen. Und keinen unsinnigen Weg einschlagen. Fahren Sie nicht geradeaus über den Kreisverkehr, auch wenn die Richtung stimmt …

Oder: Um es für die aktuelle Situation zu übersetzen: Ja, die Eucharistie, die Kommunion zu empfangen, ist die wichtigste Lebensquelle unseres Glaubens, die Form, in der wir Jesus am nächsten kommen. Doch ich frage mich: Legen uns die Umstände derzeit nicht nahe, noch ein wenig geduldig auszuharren.

Ehrlich gesagt: Ich kann mich mit der Form des Kommunionempfangs nicht anfreunden … Für mich wirkt das wie „geradeaus über den Kreisverkehr“ – die Richtung stimmt …